Was für ein Krimi! Nach einem zuletzt eher schwachen Heimauftritt – 17:47 gegen die Oldenburg Knights – konnten sich TV-Jahns Footballer rechtzeitig fangen, um ihre Saison wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Vergangenen Samstag empfing Wolfsburg die Braunschweig Lions II zum Rückspiel, das an Spannung kaum zu übertreffen war. Mit dem Ziel „Klassenerhalt“ vor Augen wollten die Gastgeber nicht bloß ein weiteres Zeichen setzen, sondern vor allem Wiedergutmachung bei den Fans leisten, die keinesfalls enttäuscht wurden. Rund 250 Zuschauer kamen dieses Mal voll auf ihre Kosten und erlebten ein Lokalderby, bei dem sich die beiden Kontrahenten nichts schenkten. Obwohl es bis zur letzten Minute heiß herging, bewiesen die Blue Wings mehr Standhaftigkeit und setzten sich verdient mit 36:30 (14:0/7:6/7:8/8:16) gegen den direkten Nachbarn durch. Trotz phasenweiser grober Aussetzer haben die Wings eine konstante Leistung gezeigt, wobei sie in kritischen Situationen immer wieder die Nerven bewahren konnten.
Das erste Ausrufezeichen verwandelten die Wolfsburger gleich zum Anpfiff in einen Touchdown. Arne Dettmer fing den gekickten Ball und retournierte ihn hinter seinen Vorblockern über das gesamte Spielfeld in die Endzone. Der anschließende Extrapunkt von Kicker Chris Sonderhoff wurde abgeblockt (Stand 6:0). Im Folgenden hatte Braunschweigs Zweite noch mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Wolfsburgs Offense konnte im ersten Anlauf zwar ebenfalls noch keine verwertbaren Punkte vorweisen, fand kurz darauf aber in ihren Rhythmus. Von einer guten Feldposition benötigten die Wings nicht viele Versuche, ehe Runningback Kevin Walter die restlichen 33-Yards mit Hochgeschwindigkeit über die Außenseite zu Fuß erledigte. In der anschließenden Two-Point-Conversion bewies Dettmer erneut sein läuferisches Talent (Stand 14:0).
Nach weiteren erfolglosen Versuchen der Braunschweiger reichte den Wolfsburgern ein einziger Spielzug, um ihre Führung weiter auszubauen. Quarterback Henrik Bosse warf einen kurzen Pass auf Receiver Dettmer, der insgesamt über 75 Yards zurücklegte und den nächsten Touchdown erzielte. Der Extrapunkt von Sonderhoff war gut (Stand 21:0). Mittlerweile fanden auch die Gäste besser ins Spiel und konterten ebenfalls mit einem einzigen Spielzug. Die Gäste nutzten die grobe Fahrlässigkeit der Blue Wings gnadenlos aus und erreichten nach einem langen Lauf über 75 Yards ebenfalls die Endzone. Der anschließende Extrapunkt konnte verhindert werden (Stand 21:6). Indes gelang es den Gastgebern nicht, den vorigen Abstand wiederherzustellen. Obwohl Runningback Marco Görges beeindruckende Läufe über das Spielfeld hinlegte, fand die Offense wenige Yards vor der gegnerischen Endzone kein Durchkommen. Im Gegenzug ließ die Defense nichts weiter anbrennen, sodass sich Wolfsburg mit einem respektablen Polster und einer Menge Zuversicht in die Halbzeit verabschiedete.
Nach der Pause wirkte die zweite Mannschaft der Lions wie ausgewechselt und legte den deutlich besseren Start hin. Obwohl sie im ersten Anlauf frühzeitig gestoppt wurden, kamen sie beim Punt (Ballabgabe durch Kick) durch einen Fumble (Ballverlust) seitens der Wolfsburger schnell wieder in Ballbesitz. Dieses Mal leisteten sie sich keine Fehler und benötigten nur wenige Spielzüge, eher ihr Quarterback die letzten Yards in die Endzone selbst in Angriff nahm. Auch die Two-Point-Conversion war erfolgreich (Stand 21:14). Den schwindenden Vorsprung ließen die Blue Wings nicht lange auf sich sitzen und setzten direkt zum nächsten Konter an. Dieses Mal bediente QB Bosse seinen Receiver Jan-Erik Leusmann mit einem 15-Yards Pass direkt in die Endzone, wobei die Verteidiger keine Chance hatten. Der Extrapunkt von Kicker Sonderhoff war erneut gut (Stand 28:14). Im Anschluss bewies Wolfsburgs Defense ein weiteres Mal, dass – mit dem richtigen Einsatz – nahezu alles möglich ist. Obwohl Wolfsburg wenige Yards bis vor die eigene Endzone gedrängt wurde, konnten sie den Angriffsversuch der Braunschweiger erfolgreich stoppen.
Da die Gastgeber im weiteren Verlauf vorerst keinen nennenswerten Raumgewinn erzielen konnte, legten die Braunschweiger im vierten Quarter nochmals eine Schippe drauf. Nach einem kurzen Pass ließen die Gäste Wolfsburgs Verteidigung schlecht aussehen und überbrückten die restlichen 60 Yards nahezu mühelos. Mithilfe der anschließenden Two-Point-Conversion wurde die Führung wieder knapp (Stand 28:22). Der Gegner nutzte das Momentum und brachte sich durch einen Onside-Kick erneut in Ballbesitz, jedoch blieb dieser Angriffsversuch erfolglos. Stattdessen drehten die Wings wieder auf und erzielten den nächsten Touchdown durch einen langen 60-Yards-Pass von QB Bosse auf Dettmer. In der anschließenden Two-Point-Conversion warf Dettmer den Ball selbst auf Tight-End Julian Briese (Stand 36:22). Trotz ausreichender Führung wurde in der Schlussphase dann nochmal richtig spannend. Während kaum noch zwei Minuten zu spielen waren, fegten die Braunschweiger mit einem letzten Angriffsversuch immer weiter nach vorne, ehe sie den Rückstand durch einen 10-Yards-Pass in die Endzone verkürzen konnten. Durch die Two-Point-Conversion schrumpfte das Polster auf sechs Punkte herunter (Stand 36:30). Mit dem anschließenden Onside-Kick wollten die Gäste nochmals in Ballbesitz gelangen, um das Unmögliche zu schaffen. Die Wolfsburger waren jedoch zum richtigen Zeitpunkt wach und konnten somit das Ende des Spiels einleiten.
Somit ist es geschafft. Nach einer langen Durststrecke gegen Braunschweigs zweite Mannschaft, konnte Wolfsburg in diesem Jahr sogar beide Begegnungen gewinnen und das Nachbarschaftsderby für sich entscheiden. „Wir sind endlich angekommen“ freut sich Headcoach Stefan Trienke nach Abpfiff. Obwohl der Klassenerhalt immer noch nicht hundertprozentig gesichert ist, hat die Mannschaft wieder gute Leistungen abgerufen und vor allem die Zuschauer für das letzte Spiel entschädigt. „Heimspiele sind immer etwas Besonderes, denn auf den Tribünen stehen unsere Freunde und Fans. Denen wollen wir immer ein Spektakel liefern“ so Trienke weiter. Spektakulär ging es dabei allemal zu. Obwohl das Team die Führung jederzeit in der Hand hatte und streckenweise deutlich überlegen war, gerieten sie durch fahrlässige Fehler immer wieder in unnötig spannende Situationen. „Wir haben zu viele Punkte kassiert. Für die Zuschauer ist das zwar spannend, aber wir brauchen das nicht unbedingt“ kommentiert Defense-Coordinator Stefan Korten und ergänzt: „Am Ende dürfen wir nicht mehr Treffer kassieren, als wir selbst erzielen und das ist uns dieses Mal gerade so gelungen. Da ist eine Menge Verbesserungspotential“. In der Regionalliga sind die Blue Wings derzeit einer der Mannschaften mit den meisten Gegentreffern. Offense-Coordinator zeigt sich ebenso zufrieden, sieht aber weiterhin Optimierungsbedarf: „Wir haben richtig Punkte gemacht, aber in entscheidenden Situationen sind wir einfach nicht vorangekommen“. Bereits vor der Halbzeit hätte Wolfsburg die Führung ausbauen können, kam jedoch nicht über die 1-Yard Linie hinüber. „In solchen Situationen müssen wir fokussierter sein und clever spielen. Wir müssen den Ball kontrollieren“ ergänzt Schitting.
Nach einem regelrechten Spielemarathon – vier Spiele innerhalb vier Wochen – verabschieden sich die Blue Wings mit einer ausgeglichenen Bilanz (4 Siege, 4 Niederlagen) erst einmal in die Sommerpause. Innerhalb der nächsten vier Wochen haben die Spieler genug Zeit, um Verletzungen auszukurieren und noch einmal Energie für die finale Phase der Saison zu sammeln. Außerdem gibt es noch genügend Baustellen aufzuarbeiten, wenn die Mannschaft in der verbleibenden Saison einen draufsetzen will. „Einige Siege müssen diese Saison noch drin sein, denn die Mannschaft hat das Potential“ kommentiert Headcoach Trienke. Das nächste Spiel findet dann erst wieder am 03. August zuhause gegen die Ritterhude Badgers im TV-Jahn Stadion statt.
Bei der Jugend lief es vor der Sommerpause hingegen nicht allzu erfreulich. Während es im Hinspiel bei den Hannover Grizzlies eine 0:40 Klatsche setzte, mussten sich die Blue Wings dieses mal „nur“ mit 0:21 (0:0/0:19/0:0/0:2) geschlagen geben. Ein weiteres Mal konnte die Mannschaft keinen einzigen Punkt erzielt, obwohl die Chancen immer wieder vorhanden waren. Selbst wenn die Offense eine gute Feldposition erzielen konnte, nahm sie sich aufgrund unnötiger Fehler (Fumble, Interception) selbst aus dem Spiel. Die Defense hingegen leistete immer wieder guten Widerstand und musste sich lediglich im zweiten Quarter einige Male geschlagen geben. Der Trainerstab um Headcoach Baruschke steht derweil vielen Fragezeichen gegenüber, die während der Sommerpause gelöst werden müssen. Denn: nach der Sommerpause stehen noch weitere Kracher bevor und die Offense muss allmählich in ihren Rhythmus finden, um Punkte zu erzielen und die Mannschaft zum nächsten Sieg zu bringen.